Seide

 

Die Seide gehört zu den Stoffen aus Naturfasern. Gewonnen wird sie aus den Kokons des Maulbeerspinners, einer Schmetterlingsart, die sich ausschließlich von den Blättern des Maulbeerbaumes ernährt. Die Seide ist demnach ein tierisches Produkt.

 

Seide wird nachweislich seid etwa 3000 v. Chr. als Material für Bekleidung genutzt. Es gibt dabei zwei mögliche Ursprungszentren. Zum einen Indien: archäologische Funde haben die Seidenproduktion im Indus-Gebiet seit etwa 2800 v. Chr. bestätigt. Dort wurde eine wilde Form des Maulbeerspinners für die Gewinnung von Seide genutzt. Um die Entdeckung der Seide in China als nützliche Gewebefaser ranken sich Legenden, die alle in etwa um das Jahr 3000 v. Chr. angesiedelt sind. Bewiesen ist allerdings, dass in China eine domestizierte Form des Maulbeerspinners für die Gewinnung von Seide genutzt wurde.

In Europa findet sich um das Jahr 400 vor Christus die Koische Seide, die aus den Kokons des Pistazienspinners auf der Insel Kos gewonnen wurde. Lange galt diese Seide als äußerst kostbar. Erst die um das Jahr 100 vor Christus einsetzenden Importe aus dem fernen China verdrängten die Koische Seide.

 

Seide galt als kostbar und war dem Adel vorbehalten. Ein Grund dafür war der lange Transportweg. Es dauerte etwa 18 Monate bis ein Ballen Seide vom Süden Chinas nach Griechenland oder in das römische Reich gelangt war. Die Chinesen hüteten das Geheimnis um die Seidenherstellung. Es war ihnen bei Todesstrafe verboten Raupen, Eier oder Kokons außerhalb Chinas zu bringen. Allerdings heißt es, dass es zwei persischen Mönchen um das Jahr 555 nach Christus gelang einige Eier nach Konstantinopel zu schmuggeln, so dass dann auch die Seidenproduktion außerhalb Chinas möglich wurde.

 

Die Seidenproduktion ist dort möglich, wo Maulbeerbäume wachsen können. Eine unabdingbare Voraussetzung, da sich die Raupe des Maulbeerspinners nach dem Schlüpfen ausschließlich von den Blättern des Maulbeerbaumes ernährt. Nach 30 Tagen und vier Häutungen ist die Raupe ausgewachsen und etwa so lang, wie ein Mittelfinger. Dann beginnt sie sich zu verpuppen. Die Seidenraupe besitzt zwei längliche Spinndrüsen, die ein klebriges Sekret produzieren, das aus dem Mund austritt. Während die Raupe dieses Sekret ausspuckt, bewegt sie ihren Kopf in Form einer Acht. Bis zu 300.000 Mal vollführt sie die Bewegung innerhalb von vier Tagen und produziert so einen Kokon um sich herum, der aus einem einzelnen, etwa 50 km langen Seidenfaden besteht. Eingesponnen benötigt die Raupe 14 Tage um sich zum Schmetterling zu verwandeln. Beim Schlupf sondert die Puppe ein Enzym ab, dass die Verklebung der Fadenschichten löst und den Kokon weich macht. Die Fadenschichten reißen dann auf. Dieser Prozeß würde die Seide aber wertlos machen. Also werden die meisten Kokons mit Heißluft oder kochendem Wasser behandelt, um die im Inneren befindliche Raupe abzutöten. Nur vergleichbar wenige Schmetterlinge dürfen schlüpfen, sich paaren und Eier ablegen, bevor sie eines natürlichen Todes sterben.

Sind die Raupen im Kokon abgetötet, werden jeweils drei bis acht Kokons gleichzeitig abgewickelt. Durch den sogenannten Seidenleim kleben diese dann zusammen und ergeben so einen Seidenfaden. Dieser wird anschließend vom Seidenleim befreit und mit weiteren Seidenfäden versponnen. Danach werden sie verwebt. Unterschiedliche Webtechniken ergeben dann verschiedene Qualitäten von Seidenstoffen, wie Chiffon, Taft, Organza oder Satin.

 

Seide hat ganz besondere Eigenschaften, die im Aufbau der Seidenfaser begründet sind. Die Seidenfaser ist von außen glatt. Innen bilden sich Hohlräume durch eine Art Faltblattstruktur. Dadurch kommt von außen wenig Luft in die Faser der Seide. Im Inneren ist jedoch Luft in den Hohlräumen isoliert. So werden Stoffe aus Seidenfasern zum einen als kühl, gleichzeitig aber auch wärmend empfunden. Die Seide kann außerdem ein Drittel ihres eigenen Gewichtes an Feuchtigkeit in Form von Dampf aufnehmen, ohne dass sie sich feucht anfühlt. Seide ist sehr anschmiegsam und ist angenehm auf der Haut. Daneben ist die Seide mit einer Dehnbarkeit von 10-30 % recht elastisch, wodurch Seide nicht zum Knittern neigt. Allerdings sollte man beachten, dass Seide sehr empfindlich auf Wasser und zu hohe Temperaturen reagiert.

Aufgrund dieser besonderen Eigenschaften war die Seide insbesondere bei den Mongolenkriegern auf ihren Kriegszügen sehr beliebt. Gemeinsam mit Leder und leichten Eisenelementen bildete die Seidenkleidung eine leichte und funktionelle Rüstung, da Pfeile die Kombination Seide/Leder/Eisen nur sehr schwer durchdringen konnten.

 

Gereinigt werden Produkte aus Seide mit Handwäsche in kaltem Wasser und speziellen Pflegeprodukten (Feinwaschmittel für Seide oder milde Seife). Das Reiben des Stoffes sollte vermieden werden. Ausspülen bitte auch mit kaltem Wasser. Dem letzten Spülbad kann ein Schuss weißer Essig/Weinessig zugesetzt werden. Seide bitte nie wringen, da sie im nassen Zustand sehr formempfindlich ist. Eine chemische Reinigung ist möglich, Chlorbleiche nicht! Gebügelt wird Seide von links bei mittlerer Temperatur (etwa 120-150 Grad) in leicht feuchtem Zustand. Dabei die Nähte nicht durchdrücken. Beim Dampfbügeleisen ist zu beachten, dass Dampf und eventuell Sprühwasser Flecken hinterlassen können. Seide kann nicht im Trockner getrocknet werden. Auch das Trocknen bei direkter Sonnenbestrahlung ist zu vermeiden, da die Seide dadurch vergilben kann. Farbige Seide bleicht dabei aus. Seide ist sehr gut färbbar.

Nicht nur die Raupen des Maulbeerspinners produzieren Seidenfäden. Auch die Raupen des Eichenseidenspinners (Japan) sowie die des Atlasspinners werden für die Seidenproduktion genutzt. Sie sind unter den Bezeichnungen Fagaraseide (vom Atlasspinner) und Tussahseide (Eichenseidenspinner) im Handel. Aber auch bestimmte Muschelarten produzieren Seidenfäden. Sie sind als Muschelseide bekannt und galten lange Zeit als absolutes Statussymbol, da diese Seide äußerst rar und kostbar ist.

 

Seidenstoffe aus dem Seidenfaden des Maulbeerspinners, die sich nach Webart unterscheiden sind:

Chiffon, Taft, Georgette, Organza, Satin oder Atlas, Crêpe Satin, Surah, Crêpe du Chine, Brokat, Samit und Habotaiseide

 

Seidenstoffe aus Abfallprodukten der Seidenherstellung und aus Seidenfäden von anderen Seidelieferanten sind:

Chappe (oder auch Schappeseide), Bourette, Pelseide, Fagara, Tussah, Wildseide, Dupionseide, Halbseide, Oragansin, Haspelseide, Soupleseide, Koische Seide

Feinzerriebene Seidenfäden finden sich als Seidenpulver auch in diversen Kosmetikartikeln, wie Cremes, Seifen, Make-up usw.